arthritis + rheuma, 2006; 26/4: 225-231
Sturzrisiko-Assessment bei älteren Menschen / Fall risk assessment in elderly persons
Year: 2006
Runge M
Aerpah-Kliniken Esslingen und Ilshofen
Abstract
Stürze bei üblichen Alltagsaktivitäten sind Kennzeichen einer altersbedingt kritisch verminderten Mobilität. Sie sind in einem komplexen pathogenetischen Geflecht hoch korreliert mit vielen anderen altersassoziierten Negativereignissen wie erhöhter Morbidität, Mortalität, Hospitalisation und Pflegebedürftigkeit. Sie gehören zu den Markern des Frailty-Syndroms und signalisieren Interventionsbedarf zum Erhalt der funktionellen Selbstständigkeit. Altersstürze geschehen zu 80% ohne Bewusstseinsveränderungen wie Schwindel oder Synkope und ohne dass äußere Faktoren wie Stolperfallen dominierende Ursache sind. Sie haben ihre pathogenetischen Wurzeln in Geh- und Balancestörungen und sind meist nicht monokausal-nosologisch zu erklären, sondern sind multifaktoriell bedingt als kombiniertes Resultat von multipler Morbidität, deren neuromuskulären Folgen und altersphysiologischen Veränderungen. Ihre Folgen sind schwerwiegend für Selbstständigkeit und Lebensqualität: 5% führen zu Frakturen – ein Fünftel davon proximale Femurfrakturen –, 2-10% zu weiteren schweren Verletzungen; häufig bleibt eine Sturzangst mit selbst auferlegter genereller Reduktion von Lokomotion und sozialen Kontakten. Die Sturzforschung hat eine Reihe von Merkmalen gefunden, in denen sich Patienten mit hohem Sturzrisiko von denen mit „normalem“ Risiko unterscheiden. Der Aufstehtest und die Tandemmanöver sind die lokomotorischen Testverfahren, die am stärksten als unabhängige Risikofaktoren mit dem Sturzrisiko korreliert sind. Zusammen mit der Beurteilung von Visus, Multimedikation, spezifisch sturzassoziierten Medikamenten und der Kognition bilden sie den Kern des Sturzrisikoassessments. Die quantitativen Ergebnisse des Sturzrisikoassesments ermöglichen eine individualisierte Sturzprävention und deren Verlaufskontrolle.Non-syncopal falls are a marker of a critical age-related decline of locomotor competence and are highly correlated with a number of other age-associated adverse events such as increased mortality, morbidity, nursing home admission and loss of functional independence. Falls belong to the indicators of the frailty syndrome and should be seen as a “red flag” for intializing interventions against loss of functional independence. More than 80% of age-related falls occur without loss or altered state of consciousness and without impact from outside. Falls are mostly the result of balance and gait disorders, which are themselves caused by a multiple pathogenetic pathway of co-morbidity, its functional consequences and the ageing process itself. Falls have deleterious consequences: 5% result in fractures, 1% in hip fractures. Further 2–10% result in serious injuries, and many patients are affected by the postfall anxiety syndrome and self-imposed mobility restriction. Fall-related research has found a number of independent fall risk factors, by which persons at high fall risk can be identified. Two locomotor performance tests have been proven to be strongly correlated with fall risk: chair rising and tandem manoeuvres. Further risk factors are reduced vision, polypharmacy, a number of specificly fall-associated medications, and cognitive impairment. A rational fall risk assessment comprises these factors, thereby providing an individual risk profile as a quantitative basis for treatment planning and evaluation.
GID: 57; Last update: 02.12.2007